Mutter, Schwester, Geliebte
Von Irmtraud Gutschke
Napoleon? Da denkt man zuerst an Josephine, seine große Liebe, die er 1796 heiratete und 1804 eigenehändig in der Kathedrale von Notre Dame zur Kaiserin der Franzosen krönte. Die sei die einzige gewesen, die mit ihm auf Augenhöhe habe reden können, heißt es. Ein geheimnisvoller Zauber habe sie umgeben. Eine sinnliche, dem Leben zugewandte Frau sei sie gewesen, jenseits konventioneller Vorstellungen, schreibt Caroline Vongries in ihrem Buch „Napoleon und die Frauen“. Sie betrog ihn, er betrog sie – vor allem aber blieb die Ehe kinderlos. Es kam zur Scheidung. Er heirate „einen Bauch“ sagte er, als er die junge Maria Louise, die Österreicherin, heiratete, die ihn zunächst gar nicht leiden mochte, aber von der Bevölkerung als „neue Iphigenie“ gefeiert wurde. Was indes darüber nicht hinwegtäuschen konnte, dass sie eine Kriegsbeute war. Und schließlich wurde beiden der ersehnte Thronfolger geboren …
Beginnend mit der Mutter und den Schwestern, hat Caroline Vongries in ihrem schön gestalteten Buch 14 Frauen aus Napoleons Umgebung porträtiert, die man auch sehen kann, wie sie von verschiedenen Künstlern gemalt worden sind, alle mit tiefem Decolleté. Es war ihre Pflicht zu gefallen, aber als adlige Damen verfügten die meisten von ihnen wohl über mehr Selbstbewusstsein, als man es ihnen von heute aus zutraut. „Jede von ihnen hat eine eigene Form der Tapferkeit entwickelt.“ Und Napoleon selbst – jedenfalls stellt es die Autorin so dar – war ihnen gegenüber keineswegs ein grober Tyrann. Jener Feldherr, der Europa mit Krieg überzog, hat „bewegende und zärtliche Liebesbriefe“ geschrieben.
Weil es gut recherchiert ist, ordne ich das Buch als Sachbuch ein, abr eigentlich liest es sich lebendig wie ein Roman.
Caroline Vongries: Geliebt und Gehasst. Napoleon und die Frauen. BuchVerlag für die Frau, 96 S., geb., 9,95 €.