Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Nikolai Gogol: Die Nacht vor Weihnachten

Hexe und Teufelsweib

„Die Nacht vor Weihnachten“ von Nikolai Gogol

Manch einem mag gar nicht bekannt sein, dass Nikolai Gogol (1809-1852) aus einer ukrainischen Gutsbesitzerfamilie stammte. Erst als Neunzehnjähriger reiste er nach St. Petersburg, blieb aber der Folklore aus seiner Jugendzeit verbunden. Sein Buch „Die Abende auf dem Vorwerk bei Dikanka“ 1831/32  wurde zum Erfolg, weil das Interesse an den einzelnen in Russland lebenden Völkerschaften zu dieser Zeit besonders groß war und weil er den Lesern eine farbenfrohe Welt vor Augen führte. In leuchtenden Farben erinnert sie an folkloristische Stickereien und strahlt zugleich eine Lebensenergie aus, die gerade in der unpersönlichen Atmosphäre der Großstadt St. Petersburg die Sinne befeuern konnte.

„Die Nacht vor Weihnachten“, mit kraftvoll-skurrilen Illustrationen von Mehrdad Zaeri versehen, gehört zum „Dikanka-Zyklus“. In dieser Nacht, so erfährt man, ziehen die Leute von Hof zu Hof, um Koljadki zu singen und dabei für sich allerlei Gaben zu einzusammeln. Da denkt man womöglich an Halloween. Gleich fliegt hoch oben eine Hexe über den Himmel, und ihr entgegen fährt „in einer Kommissarskalesche“ ein „Deutscher“ (so „bezeichnet man bei uns jeden, der aus einem fremden Lande kommt“, erklärt Gogol). Der hat eine Schweineschnauze, einen Ziegenbart und Hörner. Klar, dass es der Teufel ist. Auf den Mond hat er es abgesehen, „schließlich steckt er ihn hastig in die Tasche“. Und was geschieht nun alles in der dunklen Nacht? Der Kosak Tschub will zu einem Zechgelage. Der Schmied Wakula schleicht zu einer 17-Jährigen, die offenbar ein Teufelsweib ist.  stellen viele nach, sogar der Gemeindevorsteher. Und auch der Teufel sucht ein Techtelmechtel. Wie kommt Schmied Wakula in dieser Nacht zum Zarenhof nach St. Petersburg? Ganz einfach, weil vor Weihnachten offenbar viele Wunder möglich sind.

Irmtraud Gutschke

Nikolai Gogol: Die Nacht vor Weihnachten. Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Illustriert von Mehrdad Zaeri. Insel-Bücherei nr. 1485, 120 S., geb., 14 €.

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