Hexe und Teufelsweib
„Die Nacht vor Weihnachten“ von Nikolai Gogol
Manch einem mag gar nicht bekannt sein, dass Nikolai Gogol (1809-1852) aus einer ukrainischen Gutsbesitzerfamilie stammte. Erst als Neunzehnjähriger reiste er nach St. Petersburg, blieb aber der Folklore aus seiner Jugendzeit verbunden. Sein Buch „Die Abende auf dem Vorwerk bei Dikanka“ 1831/32 wurde zum Erfolg, weil das Interesse an den einzelnen in Russland lebenden Völkerschaften zu dieser Zeit besonders groß war und weil er den Lesern eine farbenfrohe Welt vor Augen führte. In leuchtenden Farben erinnert sie an folkloristische Stickereien und strahlt zugleich eine Lebensenergie aus, die gerade in der unpersönlichen Atmosphäre der Großstadt St. Petersburg die Sinne befeuern konnte.
„Die Nacht vor Weihnachten“, mit kraftvoll-skurrilen Illustrationen von Mehrdad Zaeri versehen, gehört zum „Dikanka-Zyklus“. In dieser Nacht, so erfährt man, ziehen die Leute von Hof zu Hof, um Koljadki zu singen und dabei für sich allerlei Gaben zu einzusammeln. Da denkt man womöglich an Halloween. Gleich fliegt hoch oben eine Hexe über den Himmel, und ihr entgegen fährt „in einer Kommissarskalesche“ ein „Deutscher“ (so „bezeichnet man bei uns jeden, der aus einem fremden Lande kommt“, erklärt Gogol). Der hat eine Schweineschnauze, einen Ziegenbart und Hörner. Klar, dass es der Teufel ist. Auf den Mond hat er es abgesehen, „schließlich steckt er ihn hastig in die Tasche“. Und was geschieht nun alles in der dunklen Nacht? Der Kosak Tschub will zu einem Zechgelage. Der Schmied Wakula schleicht zu einer 17-Jährigen, die offenbar ein Teufelsweib ist. stellen viele nach, sogar der Gemeindevorsteher. Und auch der Teufel sucht ein Techtelmechtel. Wie kommt Schmied Wakula in dieser Nacht zum Zarenhof nach St. Petersburg? Ganz einfach, weil vor Weihnachten offenbar viele Wunder möglich sind.
Irmtraud Gutschke
Nikolai Gogol: Die Nacht vor Weihnachten. Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Illustriert von Mehrdad Zaeri. Insel-Bücherei nr. 1485, 120 S., geb., 14 €.