Was es nicht alles gibt!
Irmtraud Gutschke
„Von mir aus“, sagte die junge Frau und ließ sich von einem Steuerberater heiraten. Keine Spur von liebe ihrerseits, doch sie bekamen drei Kinder. Wie seltsam: „Es war, als könnt kein Fünkchen diese Familie verbrennen.“ Während heftig Verliebte, die sich sogar mit einem Schloss an der Brücke Treue schworen und den Schlüssel auf den Grund des Flusses warfen, auseinanderdriften, so dass der Mann die Frau sogar erschießt. So weit müsse es nicht kommen? Aber es kann geschehen. Monika Helfer nennt ihre Sammlung kleiner Geschichten ja auch „Gedankenspiele“.
Manches könnte ihr selbst geschehen sein. Wie die „Firmuhr“, die sie erst einmal nicht bekam, dafür aber von der dicken Tante Hilda Foxtrott tanzen lernte. Oder die Sache mit der alten Frau, die sie über die Straße geleitete, und ein Mann stieg sogar aus seinem Auto um zu helfen, während ein anderer im Zug sich weigerte ihr seinen Platz zu überlassen, obwohl sie inständig darum bat.
Selbsterlebt ist womöglich auch die Geschichte „Mann mit Kuscheltier“. Da sah die Ich-Erzählerin an der Wiener U-Bahn einen Mann Mitte Zwanzig auf dem Boden sitzen, als ob er ein Obdachloser sei. Doch sah man seiner Kleidung an, dass er nicht aus armen Verhältnissen kam. Vor sich hatte er noch eine Plastik-Bettelbecher gestellt. Wie er ein abgegriffenes Kuscheltier umklammert hielt, macht sich die Autorin über seine Familie Gedanken und stellt sich dann die Frage, was sie tun würde, wenn es ihr Sohn wäre und vielleicht auf Drogen wäre.
Nachdenklich stimmen diese kleinen Wirklichkeitsausschnitte, heiter oder traurig. Immer mit einem Augenzwinkern erzählt und auf jeden Fall kurzweilig zu lesen. Was es nicht alles gibt, denkt man dabei und fühlt sich prächtig unterhalten.
Monika Helfer: Gedankenspiele über die Familie. Literaturverlag Droschl. 48 S., geb., 12 €.