Dodos, Bananen – und wir?
Von Irmtraud Gutschke
Für Leser von zehn Jahren an sei dieses Buch gedacht, meint der Verlag. Ich aber würde sagen, auch Hundertjährige würden sich dafür begeistern, wenn die Augen es noch mitmachen. Das Abenteuer Natur auf 64 Seiten zusammengefasst: Das gelingt im Zusammenspiel von Bildern und Texten. Dass die Illustrationen von Lauren Humphrey in Comic-Manier sind, könnte auf den ersten Blick als Vergröberung, als Vereinfachung erscheinen. Schließlich geht es um nichts weniger als die Entstehung und Entwicklung des Lebens auf unserer Erde, beginnend vor über vier Millionen Jahren bis zur Gegenwart. Was ganze Bibliotheken füllen könnte, worüber Wissenschaftler immer noch forschen und streiten, hat Mike Barfield in prägnante, leicht fassliche Texte gebracht. Jeder kann verstehen, wie es zum Beispiel mit den Zellen ist, wie sie sich aufbauen und wie sie sich unterscheiden. Dass es heute über acht Millionen verschiedene Arten von Lebewesen gibt, die alle von denselben bakterienähnlichen Mikroben abstammen, lässt staunen. Und dass wir Menschen Tiere sind genau wie Mäuse und Ratten, müssen wir uns immer wieder bewusst machen.
Aristoteles als erster Zoologe hielt nur den Menschen für perfekt. Hier wird er witzigerweise von einer Katze korrigiert. Doch vor den Animalia kommen sechs „Reiche“: Archaea, Bacteria, Protozoa, Chromista, Plantae und Fungi. Zu schwierig? Keine Sorge, nach der Lektüre werden Sie ganz locker mit diesem Wissen umgehen können. Jede einzelne Seite: eine Ballung von Informationen. Dabei wird die Biologie per Comic sogar immer wieder mit der Geschichte der Erkenntnis verbunden. Dazu eine Menge Kurioses: Eine Mücke die nach Lady Gaga heißt, ein Käfer, der seinen Namen von Barack Obama hat, das pilzige „Internet“ des Waldes, der 14 Meter lange Koloss-Kalmar mit einer Mundöffnung von nur einem Zentimeter, der schwarze Marlin, der 130 Kilometer pro Stunde schafft, und könnt ihr euch vorstellen, dass der Vorfahr aller Säugetiere, ob Elefant, Tiger oder Mensch, ein kleiner spitzmausgroßer Insektenfresser war, der zur Zeit der Dinosaurier lebte?
Schimpansen und Bonobos sind unsere engsten Verwandten. Sie teilen 99 Prozent unserer Gene, aber wir zerstören immer mehr natürliche Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Der Dodo, ein großer flugunfähiger Vogel, ist vor 350 Jahren ausgestorben. Vor 60 Jahren wurde die damals beliebteste Bananensorte von einem Pilz befallen, der sie innerlich verschimmeln ließ. Zum Glück gab es eine andere Bananensorte, die genetisch dagegen immun war. Dass auch wir aussterben könnten, wenn wir uns weiter so gegen unsere natürlichen Lebensgrundlagen vergehen, wir möchten es uns nicht vorstellen.
Mike Barfield: So ist das Leben! Entdecke alle Lebewesen um dich herum. Illustrationen von Lauren Humphrey. Laurence King Verlag, 64 S., geb., 18 €.