„Geduldigsein ist anstrengend“
Von Irmtraud Gutschke
Dieses Buch bringt mich ins Schwärmen. Auf den ersten Blick schon mochte ich die Illustrationen von Raffaela Schöbitz: dieses Feingestrichelte, Detaillierte und dabei Klare, die spielerisch-fließenden Übergänge zwischen Wirklichkeitstreue und heiterer Phantasie. Und ich mag die Geschichte, die Kerstin Hau erzählt, sehr konkret und gleichnishaft zugleich. Ein quirliges Mädchen, ein ruhiger Kater und eine Pflanze namens Mimosa, die mit den beiden auf einem Boot „einfach nur da ist“. Dass man sich über Knospen freut und dann sehnsüchtig darauf wartet, dass sie sich öffnen, jeder kennt das. Wenn ich im Frühling durch meinen Garten gehe, such ich auch hinter die Geheimnisse meiner Rosen zu kommen. So viele sind es, dass ich nicht von jeder sagen kann, wie sie blüht.
Hier können Kinder zusammen mit Paulette die Knospen der Pflanze Mimosa zählen. Von eins bis fünf also, sage ich mal, ist das Buch schon für Dreijährige gut. Auf den Bildern lässt sich eine Menge entdecken. Und beim Vorlesen werden auch Erwachsene merken, was das für eine lebensweise Geschichte ist. Denn uns allen geht es doch so wie Paulette: Unser Leben ist so rastlos, wir können schwer warten. Kater Minosch hat gelernt, vor einem Mauseloch zu sitzen. Aber wir Menschen meinen, alles durch Tatkraft erreichen zu können. „Geduldigsein ist anstrengend“, denkt das Mädchen. Ja, das stimmt. In jeglicher Hinsicht. Aber die Pflanze Mimosa wird Paulette lehren, dass alle hektischen Bemühungen um Beschleunigung nichts nützen. Sie blüht. Aber erst, wenn es an der Zeit ist.
Raffaela Schöbitz und Kerstin Hau: Paulete und Minosch. Kunstanstifter Verlag, 32 S., geb., 20 €.