Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Maja Ilisch: Die vierte Wand

Personen, Puppen – was gibt es noch?

Irmtraud Gutschke

Wetten, dass Kinder ab 10 nicht aufhören können, dieses Buch zu lesen? Oder sagen wir besser ab 12? Oder Erwachsene gar? So spannend ist es und so geheimnisvoll. Da wohnt ein Mädchen namens Fox in einem Haus mit ihren Eltern, ihrer Großmutter, einem Hauslehrer und einem Koch. Sie ist nie draußen gewesen, ja weiß nicht einmal, was „Draußen“ überhaupt ist. Bis da ein Päckchen auftaucht, auf dem ihr Name steht. Darin ein Buch: „DIE WUNDERKISTE“ und ein Brief mit dem Absender „M“.

Dass in diesem Buch richtige Wörter drin stehen, wundert sich Fox. Denn so war es in den Büchern nicht, die es im Hause gab. Was ist das für ein Haus? Weshalb ist hinter den Fenstern nur Nebel? Aber wie klar einem das alles vor Augen steht – wie in einem Fantasyfilm. Ja, aus diesem Buch ließe sich einer machen.

Durchaus mit Horrorelementen: Es war zu erwarten, dass Fox nach draußen will. Es gelingt ihr trotz verschlossener Tür. Aber sie kommt in einem Haus an, dass dem ihren ähnelt. Im Kinderzimmer steht das alte Puppenhaus. Ist sie da herausgestiegen? Und gelangt dann von einer Irritation in die andere immer wieder in gleiche, besser ähnliche, Häuser, weil sie sich in Kleinigkeiten unterscheiden. Manchmal sind auch nur Puppen darin. Ist sie selbst gar eine Puppe? In einem trifft sie einen Jungen namens Corey, der Bücher mit leeren Seiten liebt und mit seinen Gedanken bevölkert.

Eigentlich passen die beiden zusammen, aber Corey will nicht mit, kommt aber später hinzu. Sie treffen auch eine Miss Morris, die erstmal aussieht, als wäre sie aus Papier. Ist das die rätselhafte „M“?

Häuser, die irgendwie ineinander geschachtelt sind. Man trinkt dort Kakao aus leeren Tassen. Er schmeckt, wie er soll, ist aber wohl unsichtbar. Kann denn das Unsichtbare auch real sein? Fox fühlt sich wie ein richtiger Mensch, aber vielleicht ist das gar nicht so? Können sie und Corey je ins Freie gelangen? Kommt sie zu ihrer Familie zurück? Und wie wird das sein?

Geheimnisse noch und noch. Grusel und Gedanken, Phantasie und Philosophie: Kann Geistiges sich verselbstständigen, Gestalt annehmen? Offenbar. Wie aber gelingt das? Was hat es mit der „vierten Wand “ auf sich? Darauf wird es am Schluss eine Antwort geben. Bis dahin: Atemlose Lektüre ist versprochen.

Maja Ilisch: Die vierte Wand. Oetinger, 239 S., geb., 16 €.

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