Trotz und Trost
Irmtraud Gutschke
Ob Lina wirklich ein kleines Waschbären-Mädchen ist oder ein Kind – schon Zwei- oder Dreijährige werden das in übertragenem Sinne verstehen. Und sich verstanden fühlen: Schließlich möchten auch sie manchmal mit dem Fuß aufstampfen, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollen. Lauter Protest, wenn die Möhren nicht schmecken oder wenn es Schlafenszeit ist. Wie dieser Trotz durch Trost besänftigt wird, tut Kindern gut. Aber womöglich mehr noch den Erwachsenen, die das Buch ja vorlesen. Da gibt es nämlich keine lautstarken Zurechtweisungen, wie sie ihnen – überfordert wie so oft sind – auf der Zunge liegen, sondern erst einmal Verständnis, warum denn Kinder so reagieren. Da spielt Mama mit Lina das Hasenspiel, und plötzlich schmecken die Möhren. Und als das Kind brüllt, weil sie die „Kacka“ weggespült hat, denkt sie sich eine „Verabschiedung“ aus.
Und ist es nicht gut, dass die Zeiten autoritärer Erziehung für viele Kinder vorbei sind? Sie werden nicht mehr von oben herab ins Bett geschickt. Papa denkt sich noch ein „Öhrchen-Kraulen-Spiel“ aus, sodass es richtig gemütlich wird. Für beide übrigens. Ja, auch Eltern profitieren davon, wenn sie zu ihren Kleinen jenes Verständnis entwickeln, das sie selber womöglich nicht gefunden haben. Und die Kleinen, die ja auf mitunter lautstarke Weise lernen, sich durchzusetzen – was sie ja lernen müssen – erleben ganz konkret, dass Leben ein Miteinander ist. Irgendwann, viel später, werden auch ihre Eltern Rücksicht brauchen.
Ulla Mersmeyer: Die Krümelbande: Heute hab ich Waschbärwut! Annette Betz Verlag, 22 S., Pappbilderbuch, 12 €.