Ermächtigung
Von Irmtraud Gutschke
„Die Geschichte der Völker aller Teile der Welt lehrt, dass es die Magie immer gab.“ darin hat Francesca Matteoni wohl recht. Es gab sie, damit sich Menschen Erscheinungen der Wirklichkeit erklären konnten: „der Blitz, der den baum in Flammen setzt, der Wind, der weht, heult, tobt, das gurgelnde, spiegelnde, strömende Gewässer, das Samenkorn, das den Boden aufbricht und zur Blume wird“. An diesen Formulierungen sieht man schon, auf welch mitreißende Weise das Buch geschrieben ist. Francesca Matteoni ist eine Dichterin, und sie ist eine Historikerin, die sich wissenschaftlich mit Themen wie „Hexenprozesse“, „Himmelsmagie“ und „Volksmedizin“ beschäftigt hat. Wenn der Band auch „Schule der Magie“ heißt und wohl auch Harry-Potter-Fans anziehen soll, ist er im Grunde eine interessante, gut recherchierte Kulturgeschichte mit einer Fülle von Fakten. Die sind aber, eingebettet in die prachtvollen Illustrationen von Elsa Macellari, so aufbereitet, dass es auch phantasiebegabten Heranwachsenden gefällt.
Nach Ausführungen über die Geschichte der Magie werden berühmte Hexen und Magier vorgestellt, solche aus Mythen und Märchen, aber auch solche wie Matteuccia di Todi, Jeanne d’Arc oder Ursula Kemp, die wegen Hexerei hingerichtet wurde. Besser ging es Marie Catherine Laveau, der Vodoo-Königin von Haiti oder Helena Blawatsky, eine russlanddeutsche Okkultistin, die mit ihrer Theosophischen Gesellschaft die moderne Esoterik beeinflusst hat.
Sodann werden gebräuchliche Hilfsmittel und Utensilien der Zauberei betrachtet – Zauberstab, Zauberkelch, Kessel, Pentakel, Altar, Kerzen, Tarotkarten, Spiegel … Rituale werden erklärt. Schließlich, das ist besonders interessant, geht es um Tiere, denen in en verschiedenen Kulturen magische Bedeutung zugeschrieben wurde und wird. Schließlich, der Titel des Buches soll ja nicht ins Leere gesprochen sein, geht es dann tatsächlich um Liebesmagie, Zauberbeutel, Kerzenmagie, Heilmagie usw. zum Ausprobieren. Womit wird dann doch bei Harry Potter sind.
Es ist ja das Wünschen, das Zauberei ersehnen lässt, damit es sich erfüllt. Das Wünschen nach Ermächtigung über eine Wirklichkeit, der man nicht ohnmächtig gegenüberstehen will. Flucht vor der eigenen Endlichkeit, dem im Einzelnen Unbedeutenden, Zufälligen der Existenz. Praktiken, einst in tiefem Ernst vollzogen, überleben bis heute, und sei es als Spiel.
Francesca Matteoni: Das Handbuch für Zauberlehrlinge und Hexenanfänger. Schule der Magie. Illustrationen von Elisa Macellari. Vivida im Verlag White Star, 160 S., Leinen, 14,95 €.