Der erste Preis
Von Irmtraud Gutschke
Sportwettkämpfe sind nun einmal so: Es geht um den Sieg – über andere, die das ebenso wollen. Auf dem Titelbild dieses Buches schauen sich zwei nicht mehr ganz junge Frauen auf zwei Sprungbrettern lächelnd herausfordernd an. Sie wollen einander beweisen, dass sie auch als Großmütter noch die großartigen Kunstspringerinnen von einst sind. Vor allem aber ist es wohl eine Ansage an sich selbst: Ich bin noch nicht alt, ich habe noch Kraft, das Leben kann mir noch viele Überraschungen und Erfolge bieten. Eine Überraschung sei hier schon mal verraten: Die beiden Frauen, die lange – aus welchen Gründen auch immer – miteinander im Streite waren, verabreden sich immerhin mal wieder auf einen Kaffee. Auch wenn nur eine von ihnen – Oma Cäcilia – den ersten Preis im Sprungwettbewerb bekam.
Aber im Mittelpunkt des Buches steht Hubert, ihr Enkel, der auch ein Sieger sein will. Beim Badefest gibt es nämlich noch eine Luftmatratzen-Regatta, und auch Otto, der Enkel jener Oma Elfriede, macht mit. Wie dieser Wettkampf ausgeht, das soll hier nun wirklich nicht verraten werden. Nur so viel: Huberts Kater Aurelius spielt eine wichtige Rolle, der im Freibad natürlich nichts zu suchen hat. Jedenfalls können schon Kinder ab vier in dieser turbulenten Geschichte von Hannes Wirlinger verstehen, dass ein Sieg um jeden Preis keine Freude machen würde, das Fairness nicht nur im Sport ein hohes Gut ist und dass der Verlust einer Wasserspritzpistole sich verschmerzen lässt, wenn man einen Freund gewinnt. Konflikte überwinden – eigentlich handelt das Buch ja davon. Was für widersprüchliche Emotionen dabei eine Rolle spielen, hat Volker Fredrich sehr schön ins Bild gebracht.
Hannes Wirlinger: Das Duell der Großmütter. Illustrationen Volker Fredrich. Tulipan Verlag, 56 S., geb., 16 €.