Von Adler bis Zwintscher
Irmtraud Gutschke
Jeden Tag begrüßt dich ein neues Kalenderblatt. Und nicht nur das: Das Frühstück muss warten, weil erst ein Kunstwerk zu betrachten ist. Und wenn du das Blatt abreißt, was bei so einem Tageskalender ja geschehen soll, bekommst du auch noch Lesestoff. Ich weiß nicht, wie viele Jahre es den „Harenberg Tageskalender Kunst“ schon gibt. Es ist ein Traditionsprodukt, das viele schon nicht mehr missen wollen. Aber der Kalender muss auch jedes Jahr neu sein. Was für eine Herausforderung, immer wieder neu aus dem reichen Fundus der Kunstgeschichte zu schöpfen!
Zwei Frauen ist dieser Kalender zu verdanken: Maria Christina Zopff und Regina Erbentraut. Exzellente Abbildungen in Farbe: Die Auswahl der Bilder sollte möglichst vielfältig sein, verschiedene Epochen umfassen. Abwechslungsreich. Und am Schluss gibt es ein Register, das von Jankel Adler (1895-1949), als Kind chassidischer Juden in Polen aufgewachsen, bis Oskar Zwintscher (1870-1916) reicht. Adlers „Stillleben mit Tee“ zeigt das traditionelle Zopfbrot, Challa genannt, das für den Sabbat gebacken wird. Zwintscher führt uns die Meißner Schlossbrücke vor Augen, aber nicht naturalistisch. Es sei dem Maler um Wirkung gegangen, so heißt es in der Bildbeschreibung, so dass das Gemälde auch eine „surreale Perspektive“ hat.
Die Texte auf der Rückseite der Bilder sind nicht genug zu loben. Um kunstwissenschaftliche Einordnung bemüht, beeindrucken sie zugleich durch ihren einfühlsamen, verständlichen, ja unterhaltsamen Stil. „Meisterwerke der Kunstgeschichte aller Epochen“ sind versprochen, Bilder von über 300 bedeutenden Gemälden und Skulpturen. Sie stammen aus vielen namhaften Museen der Welt. Und auch Museumsdirektoren sind eingeladen, ihre Lieblingswerke zu präsentieren.
Kalender Harenberg Kunst 2024. 648 S., 22 €.