Das Paradies vor der Tür
Eine Gedichtsammlung mit Aquarellen von Hans-Jürgen Gaudeck
Von Irmtraud Gutschke
„Blumen sind die Liebesgedanken der Natur“, heißt es bei Bettina von Arnim, die damit eigenes Empfinden zum Blühenden in Verbindung setzt. Hans-Jürgen Gaudeck hat zu diesem Gedicht rote, gelbe, weiße Blüten auf eine Wiese getupft. Voller Licht sind seine Aquarelle, und es überrascht ihn selber immer wieder, wie sich beim Malen mit Farben und Wasser immer neue Bilder auf dem Papier zaubern lassen, „bis der endgültige Trocknungsprozess das fertige Bild entwickelt hat. Für mich ein Triumph des Augenblicks.“
Glückliche Momente, die der Künstler wohl zu genießen weiß. Eine Selbstverständlichkeit ist das fürwahr nicht in unserem von Hektik umgebenen Leben, das uns antreibt – auch von innen. Eine innere Stimme sagt dir, was du alles zu tun hast, dass du dich beeilen musst, keine Zeit hast für ruhige Anschauung. Und eine andere Stimme widerspricht: Was ist dein Tätigsein denn wert, wenn du den glücklichen Augenblick versäumst? Auf diesen Augenblick hinzuarbeiten, mit künstlerischen Mitteln, ist für mich die Frucht dieses Buches. Gaudeck hat Gedichte gesammelt, in denen die Zeit gleichsam angehalten ist. 30 Dichterinnen und Dichter kommen zusammen. Dass manche Entdeckung darunter ist, kann versprochen werden. Der Maler hat sich in die Gedichte hineinversetzt, sich inspirieren lassen, so wie auch für die Dichterinnen und Dichter ein spontanes Erlebnis zum Auslöser wurde, Kunstwerke zu schaffen. Dabei haben ihn vor allem solche poetischen Werke interessiert, die selbst Farben der Natur in Gärten und Parkanlagen aufnehmen. Blumen- und Landschaftsbilder sind so entstanden, die jene stille Harmonie ausstrahlen, welche wir doch alle suchen.
Gefesselt von diesem Buch, dem Blättern vor und zurück, dem Innehalten und Weiterlesen, der Betrachtung des Fließenden in diesen Aquarellen, blicke ich auf, sehe hinter den Fensterscheiben keinen blauen, sondern schon einen herbstlich grauen Himmel und habe dennoch Sehnsucht, nach draußen zu gehen in meinen Garten. 70 Rosenstöcke warten dort auf tätigen Zuspruch – wie die hohen Bücherberge in meinem Arbeitszimmer auf andere Weise auch. Komm zur Ruhe, mahnt dieses wunderschöne Buch. Du brauchst nicht zu rennen, denn, wie es im Gedicht von Arno Holz heißt, „hinter hohen Mauern, hinter mir, liegt ein Paradies“.
Hans Jürgen Gaudeck: Im Zauber der Gärten. Goethe bis Rilke über die Liebe zur Natur. Mit Aquarellen von Hans-Jürgen Gaudeck. Steffen Verlag, 83 S., geb., 19,95 €.