Malerei und Poesie
Hans-Jürgen Gaudeck im künstlerischen Zwiegespräch mit Eva Strittmatter
Wohl schöpft er seine Inspiration aus literarischen Texten, aber lediglich Illustrationen hat er nicht im Sinn. Die luftig-zarten Aquarelle von Hans-Jürgen Gaudeck könnten auch alleine stehen, doch einen noch größeren Reiz gewinnen sie, wenn man die Gedichte dazu liest, in denen die Phantasie des Malers ihre Wurzeln fand. Da hat er, der Westberliner, in der Brandenburgerin Eva Strittmatter sozusagen eine Schwester im Geiste gefunden. Wie hätte sie sich gefreut, nun schon den dritten Band von ihm in den Händen zu halten, der sozusagen ihr zu Ehren entstanden ist: nach „Märkischer Juni“ (2013) und „Liebe liebt niemals vergebens“ (2015) kam in diesem Jahr „Unterm roten Rotdorndach“ heraus.
Wie gut das hier abgebildete Aquarell zu Eva Strittmatters Weltgefühl passt, ist doch schon ihr allererstes Gedicht aus einer Zwiesprache mit Bäumen entstanden. Fast noch ein Kind stand sie „unterm Domdach der rauschenden Eichen/ verharrend erhoffend ein Zeichen“. Später, als viel jüngere Ehefrau des berühmten Erwin Strittmatter, ging sie fast täglich in den Wald, um sich selbst zu befragen, sich ins Gleichgewicht zu bringen und auch das zu erspüren, was über menschliche Erfahrung hinausgeht: „Die Bäume leben im Kosmos/ Und nicht aus unserer Kraft./ Leicht könnten wir uns verwechseln/ Mit ihnen, als lebten wird lang,/ Jahrhunderte ohne Gewissen…“ So steht es im Gedicht „Die Bäume I“, zu dem Hans-Jürgen Gaudeck uns empfinden lässt, wie klein wir Menschen mit unserem kurzen Leben inmitten der Bäume sind, die Hunderte von Jahren alt werden können.
Irmtraud Gutschke
Eva Strittmatter/ Hans-Jürgen Gaudeck: Unterm roten Rotdorndach. Steffen Verlag, 84 S., 40 Farb. Abbildungen, 19,95 €.