Aufruf zur Rebellion
Ein neues sprachmächtiges Buch von Noam Chomsky
Von Irmtraud Gutschke
Mit seinem politischem Aktivismus habe er als Zehnjähriger begonnen, sagte Noam Chomsky jüngst in einem Interview. Inzwischen ist der emeritierte Professor für Linguistik 92 und einer der bekanntesten linken Intellektuellen der Welt. Lange schon ein scharfer Kritiker US-amerikanischer Politik mit starkem Einfluss auf die Antikriegsbewegung, blickt er heute auf unseren Planeten als Ganzes. In einer Alarmstimmung, die viele teilen. „Der mögliche Untergang der menschlichen Spezies“ – ob durch einen Atomkrieg oder eine Umweltkatastrophe – sollte Herausforderung zum Handeln sein.
Bei der Lektüre seiner in diesem Buch gesammelten Aufsätze und Interviews klingt einem sozusagen die „Internationale“ im Ohr: „Wacht auf, Verdammte dieser Erde, die stets man noch zum Hungern zwingt …“ Dazu das „Solidaritätslied“ von Bertolt Brecht. Die Missstände, die Noam Chomsky ausgehend von seinem eigenen Lan analysiert, würden ja geradezu zwingend eine Gegenbewegung herausfordern. Aber schaut man allein auf die USA sind die Interessenunterschiede zwischen den in unterschiedlicher Lage „Verdammten“ so groß, dass es leichter ist, sie gegeneinander zu hetzen, als dass sie sich verbünden würden. Wie der Widerspruch zwischen subjektiven und objektiven Interessen aufzulösen wäre, überlegt man, und ob Rebellion, die zwar als verzweifelter Ausdruck direkter Demokratie verstanden werden kann, nicht durch autoritäre, gewaltsame Lösungen erstickt werden würde.
Klar, dass N.C. dies alles weiß, aber die Dringlichkeit seines Anliegens verträgt kein Abwarten. Analytisch klar und wortmächtig wünscht er sich vielleicht so etwas wie eine „Progressive Internationale,… um der sich gerade herausbildenden rechten Internationale etwas entgegenzusetzen“. Dass der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis in Zusammenarbeit mit Bernie Sanders so etwas versuchte, kann man erfahren. Sanders wird von Chomsky ein „gemäßigter Sozialdemokrat“ genannt, in Deutschland, so greift er einen Artikel der „Financial Times“ auf, hätte er sich gut und gern für die Christdemokraten zur Wahl stellen können. Wie Chomsky diesen Unterschied zwischen den USA und der Bundesrepublik betont, ist immerhin interessant, so wie überhaupt das lange Interview, das Michael Schiffmann nach der US-Wahl mit ihm führte, aufschlussreich ist, was die Differenzen innerhalb der Demokraten und die Schwierigkeiten betrifft, die sich ihnen als Regierungspartei auftun.
Noam Chomsky: Rebellion oder Untergang! Ein Aufruf zu globalem Ungehorsam zur Rettung unserer Zivilisation. Westend Verlag, 128 S., br., 15 €.