Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Monika Helfer: Gedankenspiele über die Familie

Was es nicht alles gibt!

Irmtraud Gutschke

„Von mir aus“, sagte die junge Frau und ließ sich von einem Steuerberater heiraten. Keine Spur von liebe ihrerseits, doch sie bekamen drei Kinder. Wie seltsam: „Es war, als könnt kein Fünkchen diese Familie verbrennen.“ Während heftig Verliebte, die sich sogar mit einem Schloss an der Brücke Treue schworen und den Schlüssel auf den Grund des Flusses warfen, auseinanderdriften, so dass der Mann die Frau sogar erschießt. So weit müsse es nicht kommen? Aber es kann geschehen. Monika Helfer nennt ihre Sammlung kleiner Geschichten ja auch „Gedankenspiele“.

Manches könnte ihr selbst geschehen sein. Wie die „Firmuhr“, die sie erst einmal nicht bekam, dafür aber von der dicken Tante Hilda Foxtrott tanzen lernte. Oder die Sache mit der alten Frau, die sie über die Straße geleitete, und ein Mann stieg sogar aus seinem Auto um zu helfen, während ein anderer im Zug sich weigerte ihr seinen Platz zu überlassen, obwohl sie inständig darum bat.

Selbsterlebt ist womöglich auch die Geschichte „Mann mit Kuscheltier“. Da sah die Ich-Erzählerin an der Wiener U-Bahn einen Mann Mitte Zwanzig auf dem Boden sitzen, als ob er ein Obdachloser sei. Doch sah man seiner Kleidung an, dass er nicht aus armen Verhältnissen kam. Vor sich hatte er noch eine Plastik-Bettelbecher gestellt. Wie er ein abgegriffenes Kuscheltier umklammert hielt, macht sich die Autorin über seine Familie Gedanken und stellt sich dann die Frage, was sie tun würde, wenn es ihr Sohn wäre und vielleicht auf Drogen wäre.

Nachdenklich stimmen diese kleinen Wirklichkeitsausschnitte, heiter oder traurig. Immer mit einem Augenzwinkern erzählt und auf jeden Fall kurzweilig zu lesen. Was es nicht alles gibt, denkt man dabei und fühlt sich prächtig unterhalten.

Monika Helfer: Gedankenspiele über die Familie. Literaturverlag Droschl. 48 S., geb., 12 €.

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