365 Positionen – und das auch noch zeitgemäß
Irmtraud Gutschke
Das Wort „Kamasutra“ stammt aus dem Sanskrit. Ein erotischer Ratgeber, zwischen 200 und 300 n. Chr. von Vatsyayana Mallanaga verfasst, „in strenger Enthaltsamkeit und höchster (meditativer) Konzentration“, wie es heißt. mag sein, dass gerade dies seine erotische Phantasie aufblühen ließ. Es ging ihm um Harmonie und Erfüllung, um Wege, „wie der Partnerin oder dem Partner eine Freude zu machen ist“.
Es war eigentlich ein riesiges sexualphilosophisches Werk, bestehend aus sieben selbstständigen Büchern. Dagegen ist diese kleine Ausgabe eher ein Ratgeber: „Kamasutra für jeden Tag“. Da das Jahr 365 Tage hat, sind ebenso viele Positionen in Wort und Bild dargestellt. Ob sinnliche Zärtlichkeiten oder ausgefallene akrobatische Kunststücke, ob daraus praktische Inspirationen werden oder nicht unbedingt, erst einmal ist das Blättern im Buch schon eine Lust.
Das Buch wurde, wie oft bei Dorling Kindersley, in London erarbeitet. Aber die Illustratorin Alicia Rihko lebt in Spanien und hat dem Band eine moderne Anmutung gegeben. Erstaunlich, wo überall der Sext stattfinden kann: im Schlafzimmer natürlich, aber auch in einer Sporthalle, im Schwimmbad, auf einer Wiese, auf dem Fußboden der Küche … Sogar im Flugzeug? Ja, wenn es die Leidenschaft so will. Man erwartet ja schöne junge Menschen, Mann und Frau, doch schaue man genauer hin: Die da zusammenfinde, sind nicht alle jung und schön. Auch die älteren und dickeren kommen zu ihrem Recht. Und siehe: Da küssen sich zwei Männer im Schwimmbad. Zwei Frauen genießen eine sinnliche Massage.
In der Stimmung für wahre Zärtlichkeit, tiefe Hingabe, verspielte Augenblicke, höhere Ekstase, ruhiges Miteinander oder ausgefallene Vergnügungen? Macht’s, wie es euch gefällt, ist die Botschaft. Ales ist erlaubt.
Kamasutra für jeden Tag. 365 Positionen für mehr Spaß zu zweit. Illustrationen von Alicia Rihko. Verlag Dorling Kindersley, 384 S., br. 12,95 €.