Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Die Welt von Goethe. Ein Puzzle

In Unterhosen auf dem Balkon

Irmtraud Gutschke

Ob der alte Goethe schon wusste, was ein Puzzle ist? Theoretisch hätte es sein können, denn dieser Art Legespiel wurde 1766 von dem britischen Kartenhändler John Spilsbury (1739–1769) erfunden: Er klebte eine Landkarte von Großbritannien auf ein Holzbrettchen und zersägte dieses entlang der Grenzlinien der verschiedenen Grafschaften. Die Spieler mussten versuchen, die Karte wieder zu vervollständigen. Eine eher didaktische Angelegenheit, wohingegen es heute wirklich ein Spiel ist, das sich übrigens weltweit großer Beliebtheit erfreut – nicht nur bei Kindern, auch bei Erwachsenen, die damit auf lustvolle Weise ihre Zeit totschlagen.

Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, dass Goethe damit in Berührung kam, das Puzzle „Die Welt von Goethe“ hätte ihn gewiss amüsiert. Sein Leben in 1000 Einzelteilen, die sich dann zusammenfügen lassen: da sieht man ihn, wie er einem Schreiber seine Texte diktiert oder wie er in aller Ruhe auf einer Steinbank im Park sitzt. An den jungen Werther wird erinnert, , der sich in Goethes berühmtem Werk aus Liebe das Leben nahm, und an Chrstel von Laßberg, die sich nach der Werther-Lektüre in die Ilm stürzte. Goethe soll davon so betroffen gewesen sein, dass er unweit der Unglücksstelle eine Art Grotte mit schmaler Felstreppe bauen ließ, die später den Namen „Nadelöhr“ erhielt. Überhaupt ist der Park ja voller interessanter Bauten, die hier auf Puzzleteilen auch abgebildet und in einem Beiheft beschreiben sind: das Borgenhäuschen, das Ursprünglich als Kulisse für ein Lustspiel diente, diverse künstliche Ruinen, der Schlangenstein, und auch das Shakespeare-Denkmal durfte nicht fehlen, obwohl dieses 1904 entstand. Die Parkhöhle, ein weitverzweigtes System von Stollen und Gänge, ursprünglich für eine Brauerei angelegt, ist jetzt wieder zu besichtigen.

Apropos Besichtigung: Weimarer Buchhandlungen und Touristenbüros dürften gut beraten sein, dieses Puzzle im Angebot zu haben. Denn ein besseres Mitbringsel aus Weimar kann man sich kaum vorstellen. Kinder ab 10 kann es eine Einführung in Goethes Leben geben. Erwachsenen Besuchern kann es fast eine Stadt- und Parkführung auf Goethes Spuren ersetzen und nach ihrer Rückkehr noch einmal schöne Erinnerungen aufleben lassen, auch wenn es ihnen nicht vergönnt war, den Meister in Unterhosen auf dem Balkon seines Gartenhauses zu sehen.

Die Welt von Goethe. Ein Puzzle von Sion Ap Tomos. Text von Stefan Bollmann. Laurence King Verlag,
1000 Teile mit Beiheft im Karton, 20 €.

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