Siehst du die Schnecke? Was frisst die?
Irmtraud Gutschke
Zu Sachbüchern für Kinder habe ich schon lange eine Liebe, ehrlich gesagt auch, weil Wissen hier so mundgerecht aufbereitet ist. Heute ist so vieles leicht verfügbar, wir leben in einem Informationsüberfluss und können uns nicht in alles vertiefen. Wir müssen sortieren. Ja, stimmt, da entsteht eine Flüchtigkeit, die man auch überwinden muss. Da ist es wichtig, dass Kinder Aufmerksamkeit lernen. Man muss sich Zeit für sie nehmen, zum Beispiel, indem man mit ihnen zusammen in die Natur geht.
Da möchte ich ein Buch besonders empfehlen: „Im Garten. Die wunderbare Welt der Pflanzen“. Für Kinder ab neun soll es sein. Wenn ihr Interesse für die Natur entsprechend groß ist, füge ich hinzu, wenn ihre Aufnahmebereitschaft nicht schon durch die Schule abgedeckt ist. Also meine ich, dass man viel früher beginnen soll, diese Begeisterung zu wecken, bei kleineren Kindern schon. Wobei einzukalkulieren ist, dass man den Interessen entsprechend auswählen muss: Siehst du die Schnecke? – Was frisst die? – Salat, genau. – Wächst der auf Bäumen? – Natürlich nicht, da hast du recht. – Schau mal, was für tiefe Wurzeln er hat“… Die Narzissen haben Kinder jetzt oft im Freien gesehen. Nun können sie erfahren, dass sie aus Zwiebeln wachsen. Tomaten und Karotten kennen sie aus der Küche, vielleicht auch den Ahornsirup, von dem ich bislang noch nicht wusste, dass er aus dem Stamm der Zuckerahorn-Bäume gewonnen wird. An Bekanntes anzuknüpfen ist mein Rat, nicht alle Informationen gleich weitergeben wollen, sondern lieber warten, bis das Kind ein erneutes Mal nach diesem Buch verlangt. Und das wird garantiert geschehen. Jedes Mal geht es auf dem Erkenntnisweg ein Stückchen weiter.
In der Zwischenzeit werden Mütter oder Großmütter (warum glaube ich wohl, dass es für Frauen besonders faszinierend ist?) dem Buch die Bewunderung geben, die es verdient. Die Illustrationen von Sara Boccaccini Meadows sind geradezu prachtvoll und die Texte von Riz Reyes sind bei aller wissenschaftlichen Fundiertheit, so verknappt auf den Punkt gebracht, dass jede reich bebilderte Seite voller Informationen steckt. Ich weiß jetzt, dass ich für Salate künftig lieber Krauseminze als Pfefferminze nehmen will und dass Salbei und Lavendel als Lippenblütler deren Verwandten sind. So einfach ist es, Ananas selbst zu ziehen! Unglaublich fast, dass man Tomaten in Europa zunächst für Zierpflanzen hielt und dass der Große Panda täglich an die 35 Kilo Bambus vertilgt.
Wissensvorsprung für den späteren Chemieunterricht oder nachholendes Lernen: Die so unterschiedlichen Pflanzen von der Pfefferminze bis zu den Orchideen werden zudem in ihrer Systematik betrachtet. Auch die lateinischen Namen der einzelnen Pflanzengruppen fehlen nicht.
Sara Bocciccini Meadows & Ritz Reyes: Im Garten. Die wunderbare Welt der Pflanzen. Ars Edition, 62 S., geb., 20 €