Wie von Oma, nur feiner
Ein Kochbuch für jeden Tag
Irmtraud Gutschke
Im Titelbild steckt ein Kontrast: Ein Afrikaner kreiert deutsche Küche. Wie das kommt? Er will es wie auch der Verlag selbstverständlich nehmen und erwähnt nicht, dass er 1979 in Ghana geboren wurde. Wie er als Kleinkind nach Deutschland kam, bleibt ein Geheimnis. An seine Pflegeeltern, die in der Nähe von Stuttgart lebten und deren Namen er trägt – „meine Mutter eine Schleswig-Holsteinerin, mein Vater ein Bayer“ – denkt er gern. Bei ihm zu Hause wurde täglich frisch gekocht. Ja, auch zu seinen leiblichen Eltern, die in London leben, hält er laut Wikipedia Kontakt. Vielleicht müsste ich Nelson Müller auch gar nicht vorstellen, denn bemühen er ist als Fernsehkoch bekannt. Zudem dreht er 2015 für das ZDF die Dokumentationsreihe Nelson Müllers Landpartie. Weitere Sendungen folgten. Er ist auch Moderator und Sänger, aber eben seit langem schon ein Sternekoch.
„Heimatliebe. Meine deutsche Küche“: Mit diesem Buch führt er tatsächlich quer durch Deutschland, eigentlich fast durch alle Bundesländer. Die Gerichte, die er uns dabei serviert, haben eigentlich nichts Abgehobenes. Von „Kartoffelsalat“, „Krabbenbrot“ bis zu Pflaumenkuchen vom Blech ist eine Menge Altbekanntes zu entdecken. Wie von Oma, nur ein klein wenig feiner. Das liegt schon an einer Sorgfalt, die sich mit jener Hast nicht verträgt, die wir Frauen oft beim Kochen haben. Möglichst nur frische Zutaten – allein schon darin haben die Gerichte ihre Faszination. Das Holsteiner Sauerfleisch zu den Bratkartoffeln ist eben selbst eingelegt aus gepökeltem Schweinenacken, Gemüse, einer Vielzahl von Gewürzen. Und für die Füllung der Kohlrouladen wird zusätzlich zum Hackfleisch auch Bratwurstbrät genommen, was die Sache würziger macht. Angebraten werden sie in Schweineschmalz, nicht in Margarine oder Öl. Für den Zwiebelrostbraten wird Butterschmalz genommen, das man auch für andere Fleischgerichte im Hause haben sollte. Ein vorwiegend vegetarisches Kochbuch ist dies nicht. Das kann man von Nelson Müller unter dem Titel „Öfter vegetarisch“ auch vom Verlag Dorling Kindersley bekommen ebenso wie „Gut essen. Nachhaltig, saisonal, bewusst“. Aber interessanterweise, werden mitunter Kartoffeln zugunsten einer Gemüsemischung oder eines raffinierten Salats weggelassen. Auch das ließe sich ausprobieren.
Ein Grundkochbuch: Man käme gut zurecht, wenn man nur dieses eine zu Hause hätte. Mit der „Heimatliebe“ haben es wir Deutschen ja mitunter etwas schwer. Auch deshalb wirkt dieses Buch so wohltuend.
Nelson Müller: Heimatliebe. Meine deutsche Küche. Verlag Dorling Kindersley,
238 S., geb., 19,95 €.