Die erste große Liebe
Von Irmtraud Gutschke
Es ist schon ein gewohntes Bild: Eine Mutter schleppt ihr Kind und zieht den Kinderwagen hinter sich her. Weil es auf den Arm wollte, müde ist oder einfach nur liebebedürftig. Alles mögliche kann man kritisch sehen in unserer Zeit, aber im Umgang mit Kindern zeigt sich etwas Neues, Schönes. Immer haben Mütter ihre Kinder geliebt, doch lange war die Vorstellung verbreitet, dass Kinder lernen müssten, ihre Bedürfnisse gegenüber den Erwachsenen zurückzustellen. Da war alle Hoffnung auf das Größer- und Vernünftigerwerden gerichtet, statt sich an jenem Zustand zu freuen, der nie wiederkehrt.
Zwischen dem kleinen Frosch und seiner Mama aber ist alles bestens. Nicht nur die Mutter bekundet dem Kind ihre Liebe, sondern sie bekommt auch Liebe zurück. Da schafft es der Niederländer Yoeri Slegers, dass wir diese Liebe sogar in den Augen der beiden Frösche sehen. Wie sie einander anblicken! Die Mama erlaubt, dass das Kind ihr auf dem Kopf herumtanzt. Und siehe da: Es macht sich zum Beschützer. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich passe immer gut auf dich auf.“ Das ist fein beobachtet und enthält sogar eine ernste Warnung. Sollte der Kleine Angst um die Mutter haben, würde er sonstwas tun, ungeachtet jeder Gefahr.
Blumen pflücken kann er, vielleicht gar einen Kuchen backen. Aber den Mond vom Himmel holen vor lauter Liebe? Geht das? – Nein! – Aber ist es nicht schön, wie der kleine Frosch das versucht? Wie mutig er ist? Würdest du auch auf einen Baum klettern? – Ich kann das! – Müsstest du nicht vorsichtig sein? – Ich bin vorsichtig, ich falle nicht runter. – Aber mach es lieber nicht. Siehst du, da bricht ein Ast, und der Frosch fällt runter. „Hilfe“, schreit er. Nur gut, dass die Mama ihn auffangen kann. – Papa fängt mich auch immer auf, wenn ich vom Klettergerüst springe. – Aber sei vorsichtig. – Bin ich doch.
Wunderschöne Bilder, so ausdrucksstark in Grün und Schwarz. Ein Buch für Kinder ab drei, wärmt auch Erwachsenen das Herz, handelt es doch von der ersten große Liebe, die einem als Erinnerung bleibt und in unseren Sehnsüchten steckt.
Yoeri Slegers: Für Mama hole ich den Mond vom Himmel. Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik. Annette Betz Verlag, 32 S., geb., 14,95 €.