Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Sophie Gilmore: Die kleine Ärztin und das furchtlose wilde Tier

Keine Angst!

Sophie Gilmor und die Heilerin der Krokodile

Mit Vorliebe würde sie Mädchen zeichnen, die außergewöhnliche Dinge tun, heißt es von Sophie Gilmore. Vielleicht hat sich das die junge Künstlerin ja auch für sich selber gewünscht. In Neuseeland geboren, hat sie in Edinburgh Kunst studiert und lebt derzeit in Italien „for a little while“, wie sie sagt, also offenbar bereit, weiter durch die Welt zu ziehen. Neugier für Neues scheint ihr Lebensmotto zu sein. Damit hat sie auch das kleine Mädchen ausgestattet, das im Mittelpunkt dieses Buches steht.

Kann es denn sein, dass ein Kind zur „Ärztin“ für Krokodile wird? In dem Alter sagte meine Tochter, sie wolle Affendompteurin werden. Es hat mit Liebe zu Tieren zu tun, die wild sind und einen eigenen Willen haben. Was mir erst jetzt wieder einfällt: Ich habe mir als Kind auch vorgestellt, ich würde kranken Tieren helfen. Ob es anderen auch so ging? Die „kleine Ärztin“ im Buch jedenfalls entfernt Splitter, verbindet Wunden und tröstet gerade diejenigen, die für Menschen eigentlich gefährlich, ja widerwärtig sind. Es sind eben keine niedlichen Hasen, denen ihre Fürsorge gilt, sondern Reptilien mit schuppiger Haut. Die Achtsamkeit ist enorm. Wir sehen eine Insel der Ruhe, auf der alle gütig werden. Dabei hört sie von den Krokodilen Geschichten „über die furchtlosen wilden Tiere“ – auf einem wunderschönen Aquarell hat Sophie Gilmore sie gleichsam in einer Meereswoge vereint: Fische, und Tauben mit Löwen und Krokodilen. Rätselhaft: Ein Leopard trägt eine Geige. Ist das ein Traum vom Paradies?

Spannend wird es, als eine riesige Bestie erscheint, vor der sich alle fürchten: „Die Große Gemeine“ presst ihr Riesenmaul zusammen, wehrt sich aber gegen jede Untersuchung. Hat das Untier etwa Angst? Weshalb ist es gekommen?

Die Geschichte lebt von den Bildern, die uns in eine ungewöhnliche Situation versetzen. Die werden wir, gerade, weil sie so seltsam ist, nicht vergessen. Der letzte Satz mag ängstlichen Kindern ab vier (ebenso wie Erwachsenen) wie ein Mantra klingen: „Ich bin ein furchtloses wildes Tier.“

Sophie Gilmore: Die kleine Ärztin und das furchtlose wilde Tier. A. d. Engl. v. Hikdegard Gärtner. Verlag Jungbrunnen, 40 S., geb., 16 €.

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