Ganz nahe bei „Her Majesty“
Von Irmtraud Gutschke
„“In der Regel bewegt sich Elizabeth als öffentliche Person innerhalb einer sehr schmalen Bandbreite, die sie manchmal aussehen lässt, als sei sie jeder Persönlichkeit bar. Das ist der Preis für die ungeheure Diskretion, die wie eine Burgmauer um die britische Monarchie errichtet worden ist.“ So heißt es auf Seite 214 dieses Buches, das seinen Reiz daraus bezieht, eben hinter diese Burgmauer zu blicken. Thomas Kielinger, der knapp zwei Jahrzehnte für „Die Welt“ aus London berichtete und dort, wie man aus dem Klappentext erfährt, den Orden eines Honorary Officer of the Order of the British Empire erhielt, verfügt da über besondere Möglichkeiten, von denen dieses Buch profitiert. Von der Geburt der Prinzessin 1926, damals ohne große Aussischten auf den Thron, bis fast bis zum heutigen Tag spannt er einen erzählerischen Bogen. Erzählerisch, das ist hervorzuheben, denn das Buch liest sich dermaßen unterhaltsam, dass es durchaus den vergleich mit manchem Bestsellerroman aufnehmen könnte.
In eine Frau fühlen wir uns ein, die von unserer Warte aus völlig unnahmbar erscheint, die uns indes auf dem Buchumschlag wie eine liebe Oma entgegenkommt. Wir beneiden sie nicht, weil ihr ganzes Leben der Krone diente, die um jeden Preis populär gehalten werden musste. So ist es bis heute, da die Debatte um die Institution der Monarchie, den Medien immer wieder Futter verspricht, also angeheizt werden muss zum Zwecke von Verkäuflichkeit.
Kielinger schaut sich auch diese Widerspiegelungen an, von bisherigen Biografien bis hin zu der köstlichen Novelle von Alan Bennett „Die souveräne Leserin“, wobei doch jeder wusste, dass sie sich mehr aus Pferden machte als aus Literatur. Eines der zahlreichen Fotos im Buch zeigt die Queen auch mit ihrem Lieblingspferd Betsy so, als wolle sie ihr ein Leid klagen. Emotionale Distanziertheit war ihr anerzogen. Ihr Amt verlangte permanente Selbstkontrolle. Sie habe „Gefühle fast aus sich heraustrainiert“, wird Douglas Hurd, der frühere Außenminister zitiert. Das bezog sich leider auch auf das Verhältnis zu ihren Kindern, die, man glaubt es kaum, einen Termin vereinbaren mussten, wenn sie mit ihrer Mutter sprechen wollten.
Einem neugierigen Publikum, das auch gern etwas von Lebenskrisen hört, bleibt Thomas Kielinger nichts schuldig. Und natürlich fehlt auch die ganze Diana-Geschichte nicht. Der Welt wurde ein Traumpaar vorgegaukelt, wo doch Eingeweihte längst wussten, dass Charles eigentlich mit Camilla liiert war, einer verheirateten Frau. „Erwartest du ernstlich von mir, ich solle der erste Prinz von Wales sein, der keine Mätresse hat?“ Da schockierte Diana mit einem Fernsehauftritt: „Es gab drei in unserer Ehe, es war also ein bisschen eng.“
Was alles die Queen zu ertragen hatte, man kann es mitfühlen bei der Lektüre. nach dem Tod ihres Mannes ging sie klaglos ihren Aufgaben nach. Wird Charles dereinst das Zepter von ihr übernehmen? William und Catherine könnten es publikumswirksamer. Aber immer noch hat Elizabeth die Fäden in der Hand.
Thomas Kielinger: Elizabeth II. Das Leben der Queen. 4. aktualisierte Auflage. C. H. Beck, 303 S., geb., 22 €.
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