Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Iris Newton: Altamira

Die Rätsel der Felsmalerei

Von Irmtraud Gutschke

So mitreißend ist das Buch von Iris Newton geschrieben, dass man richtig Lust auf eine Reise nach Kantabrien bekommt. Kantabrien? Da werden manche stutzen. Eher ist ihnen vielleicht wegen der gleichnamigen Bank Santander bekannt, die ihren Namen von der Hauptstadt dieser nordspanischen Provinz hat. Wobei die Höhlen etwa 30 Kilometer östlich davon schon längst zur Touristenattraktion geworden sind. Zu ihrem Schutz, so erfährt man am Schluss dieses außerordentlich interessanten Bandes, wurde das Publikumsinteresse inzwischen auf eine Nachbildung umgelenkt. Viel früher als die berühmten Felsmalereien im französischen Lascaux wurden die im spanischen Altamira entdeckt. Wobei Marcelino Sanz de Sautuola (1831-1888), dem 1868 während eines Jagdausfluges die Höhle auffiel, weil sein Hund in eine Öffnung zwischen Felsspalten geriet, unter der Ungläubigkeit der Fachwelt litt. De war umso größer, weil es seine achteinhalb Jahre alte Tochter Maria Justina war, die die Malereien an der Decke entdeckte.

1985 setzte die UNESCO die Höhle von Altamira auf die Welterbeliste und erweiterte den Eintrag 2008 um weitere 17 Höhlen, die in diesem reich bebilderten Buch ebenfalls beschrieben sind. 18 Höhlen also mit Darstellungen von Mammuts, Rindern, Wisenten, Hirschen, Steinböcken, Wildschweinen, Pferden sowie menschlichen Figuren. Sie sind bis zu 35 600 Jahre alt, möglicherweise sogar noch älter. Kann man sich denn vorstellen, dass sie aus der „Eiszeit“ stammen, als die Neandertaler in Europa mit den sogenannten Cro-Magnon-Menschen zusammentrafen und sich zum Teil auch mit ihnen mischten?

Die britische Archäologin, die in bei Elsengold auch schon Bücher zur Bilderwelt von Lascaux und der Himmelscheibe von Nebra veröffentlichte, macht uns anschaulich, wie unsere Vorfahren im sogenannten Jungpaläolithikum lebten. Sie waren Jäger und Sammler und hausten in großen, fellbedeckten Rundzelten, die an Jurten erinnern. Ihre Nahrung kochten sie in Erdgruben, die mit Leder und Tiermägen abgedichtet waren. Nomaden, die in Gruppen lebten, ihre Basislager hatten, von dort ausschweiften, aber immer wieder zusammenkamen. Waren die Höhlen Orte solcher rituellen Zusammenkünfte, Orte der Initiation?

Ziemlich genau kann man heute sagen, wie die Felsmalereien entstanden, detailliert sind in diesem Buch auch die Bilder beschrieben, doch über ihre Bedeutung als Jagdzauber sind sich Forscher inzwischen nicht mehr einig. Etwas Rätselhaftes umgibt sie nach wie vor. Nicht nur von ihnen sind die Menschen von heute fasziniert, sondern auch vom eigenen Staunen.

Iris Newton: Altamira. Entstehung – Entdeckung – Bedeutung. Elsengold Verlag,
158 S., zahlr. Abb., 19,95 €.

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