Ewig jung
Von Irmtraud Gutschke
Wie oft wurde die berühmte Geschichte von J.M.Barrie (1860-1937) schon nacherzählt, auf die Bühne gebracht, verfilmt. Und auch Komponisten ließen sich von „Peter Pan“ inspirieren. In diesem Fall ist es Peter Albrecht, der eine luftig-leichte Orchestermusik zum Hörspiel komponierte, das diesem Buch beiliegt. Auf geschickte Weise wird im gedruckten Text eine Verbindung dazu hergestellt.
Peter Pan: der Junge, der nie erwachsen werden wollte. Kindlich ungestüm ist er, fröhlich und unbesiegbar. Als Inbegriff ewiger Jugend wurde er zur Legende. Phantasievoll, farbenfroh hat Susanne Smajić die Insel Nimmerland gemalt, wo es Indianer gibt und wilde Tiere, aber auch Feen wie Tinkerbell und Meerjungfrauen und wo der schreckliche Käpt’n Hook mit seinem Piratenschiff gestrandet ist, in ständiger Furcht vor einem Riesenkrokodil, das ihn verfolgt. Vor allem aber leben da die „verlorenen Jungs“ – „Kinder, die aus den Kinderwagen fallen. Wenn sie nach einer Woche nicht abgeholt werden, kommen sie ins Nimmerland.“ Deshalb hat Peter Pan das Mädchen Wendy eingeladen, mit ihm nach Nimmerland zu fliegen. Sie soll die „verlorenen Jungs“ mit Geschichten unterhalten, ja ihnen die Mutter ersetzen, wie man versteht. Tinkerbell ist eifersüchtig. Käpt’n Hook schmiedet böse Ränke, und Wendy vergisst über all den Abenteuern fast ihr Zuhause, aber dann hat sie doch Sehnsucht nach der Mutter, die ihr Fenster immer für sie geöffnet lassen würde.
Alles wird gut. Sie kommt wieder heim und erzählt irgendwann ihrer Tochter von Peter Pan. In lebendiger Erinnerung bleibt ihr, was sie erlebte.
Für Kinder ab fünf ist es ein schönes Märchen zum Lesen und Hören – die beiliegende CD gibt der Ausgabe einen besonderen Wert. Wenn ich die Geschichte aber lese, empfinde ich unter der unbeschwert abenteuerlichen Oberfläche einen bitterernsten Hintergrund. Peter Pan ist in der Tat ein Bild für den Wunsch nach ewiger Jugend. Da denke ich auch an Oskar Wildes „Bildnis des Dorian Gray“, an Michael Jackson, der seine Farm „Neverland“ nannte und sich gern mit Kindern umgab. Wie auch der Autor, der sich, wie es heißt, durch die Kinder George, Jack, Peter, Michael und Nico seiner Bekannten Sylvia Llewelyn-Davies inspirieren ließ. Nach dem Tod der Mutter 1910 kümmerte er sich um die fünf Jungen und zog sie groß. Seine eigene Ehe mit der Schauspielerin Mary Ansell war kinderlos geblieben und wurde geschieden. Und noch ein autobiographisches Motiv macht mich nachdenklich: Sein Bruder David starb mit 13 Jahren. Durfte er nicht vielleicht in Peter Pan weiterleben?
James Matthew Barrie: Peter Pan. Musik Henrik Albrecht. Illustrationen Susanne Smajić. Annette Betz Verlag, 32 S., mit CD, geb., 24,95 €.