Wilde Gestalten – ganz lieb
Von Irmtraud Gutschke
Die Unglücksraben brauchen Futter. Also sind es wohl doch ganz normale Vögel. Und Krissi Krampus kuschelt sich an ihre Mutter, auch wenn sie Hörner, Fell und Hufe hat. Ich hätte nicht zu googeln brauchen, was es mit den seltsamen Gestalten auf sich hat, die sich in diesem Buch versammeln. Am Ende des Buches sind sie abgebildet und in ihrem kulturhistorischen Hintergrund erklärt. Die Flinserl sind Frühlingsfiguren des Bad Ausseer Faschings in Österreich. Die Hexe Befana stammt aus Italien. In der Nacht vom 5. bis 6. Januar bringt sie Kindern Geschenke. Das Wudele ist eine Figur des Traminer Faschings in Südtirol. Die Kurenti ziehen in Slowenien von Haus zu Haus und bringen den Leuten zum Ausgang des Winters Glück. Der Strohmann Mizukaburi kommt aus Japan. Die Wilden Frauen und Teufel gibt es in vielen Kulturen, und die Krampusse begleiten im Alpenraum den freundlichen Nikolaus, um die bösen Kinder zu erschrecken.
Leonora Leitl, die sich beim phantasievollen Malen und Schreiben dieses Bilderbuches wohl auch selbst eine Freude gemacht hat, lebt im österreichischen Mühlviertel. Die verschiedenen Bräuche in der Winterzeit mögen ihr vertrauter sein als Kindern in Berlin. Für die sind die Krampusse einfach Märchengestalten wie die Wichtel zum Beispiel. Aber das tut der unbeschwerten Heiterkeit dieses Buches keinen Abbruch. Manches mag es geben, wovor sich Kinder fürchten, aber nicht in diesem Buch. In den Monstervillen und Gruselpalästen auf dem Krampusberg geht es eigentlich nicht viel anders zu als in menschlichen Familien. Auch Krissi Krampus soll nach dem Willen ihrer Eltern glücklich sein. Die begleiten sie sogar zu den Menschen, als sie einen Malwettbewerb gewinnt.
Leonora Leitl: Krissi Krampus. Kunstanstifter Verlag, 40 S., geb., 22 €.